
MANUALTHERAPIE FÜR HUNDE
Die Betreuung geriatrischer Patienten
Bei den degenerativen Gelenkerkrankungen dominieren die klassischen Symptome, die auf arthrotische Veränderungen hinweisen. So entwickelt sich in der Regel schleichend eine Lahmheit, die Hunde ermüden schneller, stehen mühsam auf. Ein schleppender Gang, Bewegungsunlust und der klassische Anlaufschmerz werden deutlich sowie Gelenkschwellungen und Gelenksteifigkeiten. Vermehrtes Schmatzen, Hecheln, Stöhnen beim Hinlegen und Aufstehen sind Anzeichen für Schmerzen.
Hier können die manuelle Medizin, die lokale Lasertherapie und Laserakupunktur sowie die Elektrotherapie als adjuvante Therapieformen einen erheblichen Beitrag leisten zum Erhalt der Bewegungsfähigkeit durch Muskelerhalt, im besten Fall zum Muskelaufbau, zur Erhöhung des Bewegungsumfanges bei arthrotischen Gelenken, zur Entzündungshemmung (lokale Lasertherapie) und Schmerzreduzierung und zum Erhalt neuronaler Funktionsbahnen, bzw. zur Verlangsamung neuronaler Degeneration (Laser und Elektrotherapie).
Durch eine Vielfalt an aktiven therapeutischen Übungen, wie z.B. das Stehen mit und ohne Unterstützung (in Abhängigkeit vom neurologischen Status), Übungen mit Gewichtsverlagerungen oder auch durch Techniken der propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation lassen sich die Kraft der Belastung der Gliedmaßen und der Muskulatur fördern, die Propriozeption und Balance stärken sowie die neurologischen Defizite verbessern.
Ein mir persönlich wichtiges Anliegen in der Behandlung des Seniorenhundes möchte ich noch ansprechen: In allen manualtherapeutischen und physikalische Therapieformen sowie in aktiven therapeutischen Übungen gilt es das richtige Maß an Mobilität zur Stabilität für den Hund einzustellen. Es ist einem alten Hund nicht geholfen, wenn man versucht, ihm alle Kompensationshaltungen zu nehmen, so dass er am Ende keine Stabilität mehr hat. Das wäre so, als würde man einem Menschen, der nicht mehr ohne Krücken gehen kann, plötzlich die Krücken wegnehmen.
Es bedarf einer sehr vorsichtigen Vorgehensweise und einer achtsamen Beobachtung des Hundes durch seine/n Besitzer:in v.a. nach der Behandlung, um das richtige Maß an therapeutischen Interventionen zu finden. Kürzere, aber häufigere Behandlungsintervalle sind hier sinnvoller.


In den letzten Jahrzehnten werden unsere Haushunde dank besserer Versorgung und Fürsorge der Halter:innen und der sehr guten und hochspezialisierten Veterinärmedizin immer älter. Dadurch ist der Bedarf an geriatrisch osteopathischer und physiotherapeutischer Betreuung enorm gestiegen. Dominierende Erkrankungen des Bewegungsapparates beim Seniorenhund sind degenerative Gelenkerkrankungen sowie neurodegenerative Störungen. Sie entstehen durch genetische Disposition, Abnutzung, Verschleiß, Alterung oder lang einwirkende Schädigungen und sind irreversibel. Diese Veränderungen sind oft sehr schmerzhaft wie die Diskopathie (Bandscheibenerkrankungen) oder Arthrosen und schränken die Bewegungsfähigkeit erheblich ein.
Symptome neurodegenerativer Erkrankungen sind z.B. Ganganomalien, nachlassende Feinmotorik der Hinterhand (Ataxie) oder nachlassende Stabilität. Es kommt zum Stolpern in Wendungen, Zehenschleifen mit z.T. abgeschliffenen Mittelkrallen und zum Überköten (krankhafte Beugung der Zehengelenke). Harn- und Stuhlinkontinenz treten auf. Zu den neurodegenerativen Erkrankungen gehören auch die degenerative Myelopathie, bei der die langen Rückenmarksbahnen langsam absterben oder das Cauda-equina Kompressions-Syndrom (als Cauda Equina bezeichnet man anatomisch die unterhalb des Rückenmarks auftretenden Nervenwurzeln, die wie ein Pferdeschwanz aussehen). Bei diesem Krankheitsbild kommt es durch die Degeneration der Bandscheibe zwischen dem 7. Lendenwirbel und dem Kreuzbein zu Vorwölbungen in den Wirbelkanal. Dies führt zu Druck auf die umliegenden Nerven, wodurch die motorischen und sensorischen Bahnen zu den unteren Extremitäten und zur Blase unterbrochen werden. Die Diskopathien treten bei chondrodystrophen Rassen (Hunderassen mit charakteristisch kurzen Gliedmaßen, wie Dackel, Bulldoggen, Beagles) schon ab dem 6.-7. Lebensjahr auf („Dackellähme“), bei nicht chondrodystrophen Rassen und größeren Hunden ab dem 7.- 8. Lebensjahr.